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Special-Needs-Prepping: Notfall-Pläne erstellen

Nun bin ich Strohwitwe! Mein Mann wird die kommenden 10 Tage auf einem Seminar sein. Das bedeutet für mich: Den Alltag mit 3 Kindern allein wuppen. Klar – viele Alleinerziehende schaffen das Tag für Tag – aber egal wie gut alles geregelt ist, wenn es irgendwo „im Getriebe hakt“, wird deutlich, wie sehr die Bewältigung des Alltags bei vielen Special-Needs-Familys doch „auf Kante“ genäht ist.

Und auch bei anderen Unwägbarkeiten geraten wir oft an unsere Grenzen: 4 Familienmitglieder und der Hund hatten in der letzten Woche Magen-Darm-Grippe. Parallel will die Pflegekasse gern den Pflegegrad überprüfen und nebenbei hat sich der Klassenlehrer in die Mitarbeitervertretung wählen lassen und so fällt jetzt bis zur Neubesetzung immer wieder tageweise der Unterricht aus.

Kennt ihr das? In meinen Einzel-Coachings, Kleingruppen und Intensiv-Kursen ist genau das immer wieder ein Thema: Was tun, wenn Eltern, BetreuerInnen, Schule ausfallen? Wenn Krankheiten uns einen Strich durch den so schön getakteten und mühsam ausbalancierten Alltag machen?

Der Trick ist: In (relativ) ruhigen Zeiten vorsorgen. „Prepping“ ist in aller Munde. Gemeint ist damit die Vorbereitung auf Notfälle wie Stromausfälle, Krieg oder Umweltkatastrophen. Doch wie müsste ein „Special-Needs-Prepping“ aussehen? Vorsorge für Krankheitstage, Betreuungs-Katastrophen und eine unerträgliche Zunahme des ganz normalen Wahnsinns?

Dafür gilt es zu analysieren:
1. Was für Ereignisse bringen uns aus dem Tritt?
2. Wie haben wir sie in der Vergangenheit gelöst?
3. Welche Dienstleister, UnterstützerInnen gibt es eigentlich, die wir noch nie ausprobiert haben?
4. Was müssten freundliche Helfer im Notfall über unser Kind / unsere Familie wissen, um effektiv helfen zu können?

Und dann gilt es Notfall-Pläne zu erstellen, Dienste auszuprobieren und mögliche UnterstützerInnen anzufragen und ggf. über die Dinge zu informieren, die sie wissen müssen.

„Aber im Ernstfall ist es doch wumpe, ob sich jemand auskennt. Das klappt dann schon irgendwie, wenn es muss!“ mögen einige einwenden. Richtig! Doch Planung macht es für alle Betroffenen – uns, die Helfer und unsere Kinder leichter! Und vor allem: Unter Stress können wir nicht klar denken. In einer belastenden Situation eine ordentliche Packliste für die Klinik zu erstellen, einem unerfahrenen Babysitter mitzuteilen, was die Kinder essen sollten oder spontan ein Essen aus dem Hut zu zaubern, wenn die ganze Familie einschließlich man selbst krank ist – das funktioniert einfach besser, wenn wir die Liefer-Dienste der Umgebung kennen, einfache Koch-Rezepte mit den Nicht-Köchen der Familie eingeübt, ein Ich-Buch für das Kind erstellt und eine Packliste für die Klinik im Handy haben. Und das ganze im Alltag und bei kleinen Krisen einüben.

Hier ein paar Ideen wie wir uns optimal auf schwierige Tage und turbulente Zeiten vorbereiten können:

  • Essensvorrat in Keller / Kühltruhe anlegen
  • Hühnersuppe (oder Dein eigenes Lieblings-Krankheitsessen) fix und fertig einfrieren für Tage an denen es Dir nicht gut geht
  • Liste aller üblichen – aber auch aller im Notfall denkbaren – Betreuungskräfte anlegen und Telefonnummern notieren
  • Neue BetreuerInnen in guten Zeiten einarbeiten
  • Vorrat an wichtigen Medikamenten und Hilfsmitteln für mindestens einen Monat einlagern (denkt an Lieferketten-Probleme)
  • Liste mit allen AnsprechpartnerInnen, TherapeutInnen, Betreuungskräften, relevanten ÄrztInnen anfertigen und für Notfall-BetreuerInnen bereitlegen
  • Wochenplan und Tages-Ablauf-Plan des Kindes anfertigen, damit Notfall-Betreuer wissen, wie ein normaler Tagesablauf aussieht und welche Termine üblicherweise anstehen
  • Ich-Buch oder zumindest eine Liste was dem Kind in emotionalen Notfall-Situationen hilft anlegen
  • Kochkiste, Lieferdienste, Einkaufs-Dienste in guten Zeiten oder bei kleinen Krisen erproben
  • Liste mit den Freunden / Vertrauten der Kinder anlegen, damit die Notfall-Kraft vertraute Spielmöglichkeiten nutzen kann
  • Packliste für Urlaube und Klinikaufenthalte anlegen. Ausgedruckt in den Notfallordner aber auch gespeichert im Handy ablegen.
  • Vorsorge in rechtlicher Hinsicht treffen: Notfalldokumente für einen selbst aber auch Verfügungen wer übergangsweise die Kinder übernehmen kann
  • Liste mit deinen Notfall-Übungen: Lieblings-Achtsamkeits-Übung, zuverlässige Atem-Übungen, Spazierengehen, Sport, Yoga: Erinnere Dein gestresstes Selbst mit einer Liste daran, was Dir gut tut
  • Beschäftigung für die Kinder: Eine Kiste mit kleinen Beschäftigungen, die Du herausholen kannst, wenn Du die Kinder Beschäftigen musst, aber keine Kraft hast: Ein neues Spielzeug, ein paar Seifenblasen, ein cooles Buch, ein neues Vibrations-Spielzeug.
  • Eine Liste mit Dingen, die Du in schwierigen Zeiten mit Deinem Kind tun kannst oder die Dein Kind zuverlässig beruhigen: Lavendel-Öl-Massage, Spazierfahrt durch den Wald, Baden, eine bestimmte Serie gucken, …


Unser „Gestresstes Ich“ hat in einem Notfall über viele Dinge nachzudenken. Der Mental Load ist hoch und physiologisch stellt der Cortex – also das Zentrum für kognitives und kreatives Denken – seine Arbeit ein, wenn der Stress-Pegel hochschnellt. Das Gehirn glaubt, dass in bewährten Strategien, eingeübten Verhaltensweisen, konventionellem Handeln die Rettung für eine Krise liegt.

Es irrt. Aber der Mechanismus findet auf einer physiologischen Ebene statt und somit ist es so, dass Menschen unter Stress selten kluge Entscheidungen oder innovative Lösungen finden können. „Warum hab ich nicht selbst daran gedacht??“ fragen mich KlientInnen immer wieder, wenn ich ihnen einfache Lösungen für akute Probleme vorschlage oder an Techniken erinnere, die wir bereits gelernt aber noch nicht tief eingeübt haben. „Weil Dein Gehirn unter Stress steht … “ sage ich dann immer „… und man unter Stress nicht denken kann!“ erinnert sich meine Klientin.

Genau. Deswegen ist es so wichtig, dass wir gute Zeiten nutzen um kreativ zu werden, Pläne zu machen, Lösungen für eventuelle Notfälle machen. „Be prepared!“ heißt es bei den Pfadfindern. Und diesen Satz möchte ich Euch als altgediente Pfadfinderin – aber auch als Special-Needs-Coach gern mitgeben.

So können wir schwierigen Zeiten und unerwarteten Ereignissen gelassen(er) entgegensehen. Denn: Wer einen Plan hat, wenn es turbulent wird, steuert das Flugzeug souverän durch alle Turbulenzen. Und wer den Notfall in besseren Zeiten geübt hat, weiß im Notfall was zu tun ist und kann Folgeschäden vermeiden.

Wie siehst Du das? Hast auch Du bereits Notfallpläne oder ist einer der Impulse aus diesem Blogartikel etwas, das Du selbst umsetzen möchtest? Ich freue mich auf Dein Feedback.

Deine
Marion Mahnke
von www.aussergewoehnlich-gut-leben.de

PS. Lies doch auch den Beitrag „Mit dem Notlandeprotokoll Abstürze verhindern“
PPS. Du möchtest Deinen Stress im Alltag reduzieren und mit Krisen gelassener umgehen? Dann schau dir meinen Intensivkurs „Stress-lass-nach“ an oder lasse Dich für das Eltern-Training „Außergewöhnlich gut leben“ vormerken.

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